„Was mache ich denn jetzt? Bin total verzweifelt. Wir sehen uns doch am Freitag, d. 16.07.2021 um 10.00Uhr? Bin vollkommen ratlos.“
Diesen Hilferuf habe ich gestern von einer Immobilienbesitzerin erhalten. Was war passiert? Nichts Unübliches: Ihr war der Bauernhof, auf dem sie lebte zu groß geworden. Der Klassiker: Die Kinder sind aus dem Haus und in der Bundesrepublik verstreut, der Lebensgefährte verstarb und so wurde das einst geliebte Haus, zur Belastung. Der Entschluss, es zu verkaufen, war schnell gefasst.
Zunächst versuchte sie das Haus allein zu verkaufen. Es fanden Besichtigungen statt – einige interessierte Dorfbewohner schauten, wie sie so lebt, Andere interessierten sich mehr für ihre Einrichtung und fragten nach Angeboten für Möbel und wieder andere waren Maklerkollegen.
Einem schenkte sie letztlich ihr Vertrauen. Es kam zum Vertragsabschluss. Nun, so dachte meine Auftraggeberin, wäre sie die Verantwortung und die Abwicklung los und bei einem Profi in guten Händen. Leider arbeitete der Kollege unsauber – er qualifizierte die Kunden schlecht bis gar nicht vor, Unterlagen waren nicht aufbereitet, Angaben unsauber, die Kommunikation zwischen meiner Kundin und ihm auch eher mangelhaft. Viele Samstage gingen ins Land, die meine Kundin damit verbrachte, den Interessenten das Haus zu zeigen, obgleich sie eigentlich einen Profi an ihrer Seite hatte.
Daraufhin hatte sie von einem Freund die Empfehlung erhalten, sich an mich zu wenden. Ich bin daraufhin zu ihrem Haus gefahren. Wir haben uns alles in Ruhe angesehen. Der Kollege hatte noch einen gültigen Maklervertrag, weshalb ich meine Bemühungen vorerst nicht voll entfalten, ihr aber dennoch beratend zur Seite stehen konnte.
Ein paar Tage nach meinem Besuch erfuhr meine Kundin, dass der Makler ein Pärchen gefunden hatte, welche das Haus gern kaufen möchten. ENDLICH! 😊
Am 07.07.2021 sollte der Notartermin stattfinden. Einen Tag vorher kam der Anruf vom Makler, dass der Termin abgesagt wurde. Das Pärchen hätte sich aus privaten Gründen gegen den Kauf entschieden.
Nun stand meine Kundin an diesem Tag an dem Punkt, wo sie war, bevor sie den Makler beauftragt hatte. Wie konnte das passieren? Immerhin hat sie den ersten Schritt richtig gemacht: Sie hat einem Immobilienprofi vertraut.
Leider gibt es aber unter den vielen Kollegen immer noch große Unterschiede. Woran erkennt man aber einen guten Makler?
Woran man einen guten Makler erkennt
1. Qualifizierung und Ausbildung
Ein guter Immobilienmakler ist meist in einem Verband, wie dem IVD, organisiert. Dort hat er die Möglichkeit an Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen und sein Wissen immer wieder zu aktualisieren. Neben der gesetzlichen Fortbildungspflicht für Makler sollten Sie aber auch schauen, was der Makler ursprünglich gelernt hat. Ein kaufmännischer Ausbildungsberuf oder Berufe wie Immobilienkaufmann/-frau ist die ideale Basis für den Beruf des Immobilienmaklers. Normalerweise geben die Makler darüber sehr gern Auskunft, fragen Sie einfach nach! Bankenmakler sind in aller Regel sogar IHK zertifiziert, da die internen Regularien der Konzerne dies erfordern.
2. Gute Marktkenntnis
Wieviel Sinn macht es, dass ein bayrischer Immobilienmakler seine Dienste für den Verkauf eines Hauses in Halle (Saale) anbietet? Genau – keinen! Ihm fehlen die Marktkenntnisse – so können weder ortsübliche Mieten, noch Verkaufspreise realistisch ermittelt oder gar erzielt werden. Schauen Sie bei der Wahl des Maklers darauf, dass er aus der Region kommt, in der das Verkaufsobjekt steht. Fragen Sie den Makler, wie lange er in diesem Gebiet schon arbeitet. Ist er dort zugezogen oder vielleicht wurde er dort geboren? Dann ist es ein gutes Zeichen, dass er sein Gebiet – seine Farm – auch gut kennt.
3. Regionales Netzwerk
Unmittelbar an die Marktkenntnis schließt sich das Netzwerk des Maklers an. Die Regionalität ist daher so wichtig, weil ein Immobilienmakler auch über entsprechende Kontakte verfügen sollte. Architekten, Gutachter, Finanzierer, Verwalter, Handwerker bis hin zu Notaren, Anwälten und der Gemeinde gehören zum Standardnetzwerk eines guten Maklers. Er kennt die Behörden und Anlaufstellen, die notwendig für die Aufbereitung der Verkaufsunterlagen sind. Mit einem guten Netzwerk stellt ein Immobilienmakler seinen Auftraggeber gegenüber sicher, dass alle Unterlagen und Termine zeitnah organisiert und Ansprechpartner und Gewerke ebenso zur Verfügung gestellt werden können. Davon profitiert vor Allem bei Bestandsimmobilien auch der Käufer.
4. Kompetenz & Beratung
Nicht immer macht ein Immobilienverkauf Sinn. Dies erkennt ein guter Immobilienmakler und wird entsprechende Maßnahmen empfehlen. Es kann z. B. sein, dass eine Vermietung besser zum Lebenskonzept des Eigentümers passt als ein Verkauf. Er wird auch über den Verkaufszeitpunkt informieren und was tendenziell für einen Eigentümer am meisten Sinn macht, auch wenn das bedeutet, dass (derzeit) kein Verkauf stattfinden wird.
5. Empathie & Sympathie
Sie sollten auch nicht außer Acht lassen, dass der Verkauf einer Immobilie Vertrauenssache ist. Auch der hochqualifizierteste „Platzhirsch“ vor Ort kann nicht Ihre erste Wahl sein, wenn die „Chemie“ zwischen Ihnen nicht stimmt. Das ist menschlich und sollte als Aspekt nicht vernachlässigt werden. Ein Immobilienmakler ist vor allem bei Scheidungsimmobilien, Erbschaftsimmobilien und ähnlich emotionsgeladenen Konstellationen die richtige Wahl. Er wird kompetent und empathisch für alle Beteiligten die Koordinierung übernehmen und den Parteien ein gutes Gefühl bei der Abwicklung vermitteln. Immerhin ist nicht nur der Immobilienkauf eine Bauchsache! Darüber hinaus spielen beim Immobilienverkauf immer Emotionen eine Rolle, die Lebensumständen geschuldet sind, die ein guter Makler beim Vertrieb berücksichtigt.
6. Fachwissen
Wohnflächenberechnung, Baujahr, Sanierungsgebiet, Denkmalschutz, Energieausweis … all das sind keine Fremdwörter für einen guten Makler. Er wird mit Sachverstand die Immobilie begehen. Schwachstellen wird er erkennen und Stärken der Immobilie hervorheben. Zum Handwerkszeug gehören u.a. der Lasermesser, ein Hygrometer, eine Fotoausstattung und im Zweifel Experten, die Objektschäden entsprechend erkennen und bepreisen. So sichert ein Immobilienmakler sich und den Auftraggeber gegen spätere Regressionsansprüche ab und ist im Verkaufsprozess aussagefähig.
7. Referenzen, Aktivitäten und Rezessionen
Sie haben sich schon fast für einen Makler entschieden? Dann suchen Sie ihn im Internet. Wie präsentiert er sich dort? Eine gute Homepage sollten alle professionellen Immobilienmakler haben, ebenso wie einen Bürostandort. Nur dann können Sie sicher sein, dass Ihr Objekt keines ist, welches er vom Arbeitszimmer von zuhause aus betreut. Was für Rezessionen finden Sie? Ausschließlich positive Bewertungen können (!) ein Indiz auf gekaufte Bewertungen sein. Ein Warnsignal sollte sein, wenn man den Makler schwer im Internet finden kann. Die meisten Kollegen sind im digitalen Zeitalter angekommen und sowohl über Suchmaschinen, als auch in den sozialen Medien gut zu finden.
Schauen Sie sich auch an, wie der Makler arbeitet. Wie sehen die Immobilienexposees aus, die er derzeit im Vertrieb hat? Welche Immobilien hat er bereits verkauft? Sprechen Sie ihn aktiv auf seine Erfahrungen an. Ein guter Immobilienmakler gibt gern darüber Auskunft.
8. Haftpflichtversicherung
„Wo Menschen arbeiten passieren Fehler“ – diesen Satz kennt wohl jeder. Auch der beste Immobilienmakler ist am Ende noch ein Mensch, dem Fehler unterlaufen können, etwa durch Zahlendreher usw. Damit dieser Schaden nicht beim Kunden bleibt, muss ein guter Immobilienmakler eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung haben, die in diesem Fall greift.
9. Vertragsgestaltung
„Na wenn Sie einen Kunden haben, können Sie ihm mein Haus gern anbieten.“ Diesen Satz hören Immobilienmakler oft. Einige gehen darauf ein – gute Immobilienmakler lehnen dankend ab. Warum? Weil viele Köche den Brei verderben. Wenn Ihre Immobilie wie „Sauerbier“ von mehreren unterschiedlichen Maklern an den Käufer angetragen wird, was wird dieser dann wohl denken?
Ihre Immobilie sollte exklusiv behandelt werden – das geht aber nur mit einem Alleinauftrag. Wenn ein Makler bereit ist, einer von vielen zu sein, dann ist Ihr Haus eines von vielen für ihn. Ist der Auftrag exklusiv nur für einen Makler, dann ist der Makler auch exklusiv für die Immobilie.
10. Provision
Last but not least – die Bezahlung des Immobilienmaklers wird seit dem 23.12.2020 gesetzlich neu geregelt. Das Gesetz besagt, dass die Provision beim Verkauf von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen nicht mehr ausschließlich auf den Käufer umgelegt werden kann. Ein Käufer ist nicht verpflichtet mehr als die Hälfte der Provision zu zahlen, die der Verkäufer auch bezahlt. Konkret heißt das – einigen sich der Makler und der Verkäufer darauf, dass die Provision 3% zzgl MwSt beträgt, darf vom Käufer maximal 3% zzgl. MwSt verlangt werden.
Diese Regelung betrifft keine gewerblichen Käufer, keine Grundstücke und keine Kapitalanlagen wie Mehrfamilienhäuser oder Gewerbeobjekte. Gute Immobilienmakler leben dieses Modell. Andere werden kreativ – da wird aus einem Einfamilienhaus auf dem Land mit Einliegerwohnung plötzlich ein kleines Mehrfamilienhaus oder ein Bauernhof.
Seien Sie fair – die Teilung ist eine gute Sache – für alle Beteiligten!
Genaueres zum Gesetz können Sie hier nachlesen. HIER